Über Netzwerken wird oft in einem kritischen Ton gesprochen. Da landet man schnell bei Vitamin B, Postenschacherei oder Vetternwirtschaft. Darum soll es hier NICHT gehen. Dafür zeige ich in diesem Teil der Serie, wie mir mein Netzwerk in den letzten Jahren zu Aufträgen verholfen hat. Und wie mein Netzwerk anderen zu Aufträgen verholfen hat!
Ein Geständnis vorweg: ich liebe Netzwerken. Neue Menschen treffen, sich austauschen usw. Das ist für mich vor allem ein Kontrast zu meinem Freiberufler-Dasein im einsamen Home-Office. Mit Netzwerken meine ich reale Treffen wie Barcamps, Messen und Co. Obwohl ich den ganzen Tag in Facebook und Twitter hänge, denke ich, dass nichts reale Treffen ersetzen kann. Soziale Netzwerke sind ganz praktisch, um das Netzwerk zu pflegen. Man muss jemanden nicht persönlich treffen, um Interessantes von ihm oder über ihn zu erfahren, ein Blick in die Timeline genügt.
[etweet]Ein Netzwerk sollte man sich früh im Berufsleben aufbauen, je früher desto besser.[/etweet]
Das sage ich immer den Studenten in meinen Kursen. Denn das Netzwerk begleitet einen durchs ganze (Berufs-)Leben. Wie hängt das nun mit meinen Aufträgen zusammen? Es ist nicht so, dass ich bloß vom vielen Rumlabern auf Veranstaltungen einen Auftrag nach dem anderen kriege. Im Gegenteil: die Veranstaltungen kosten mich zunächst Zeit und manchmal auch Geld zum Beispiel für die Eintrittskarten und die Anreise. Ich will gar nicht aufrechnen, wie viele Stunden ich dafür schon „investiert“ habe, in denen ich ein gutes Buch hätte lesen können. Trotzdem ist es das wert! Die spannendsten und lukrativsten Aufträge als freier Journalist habe ich bekommen, weil ich Menschen kenne und weil andere Menschen wissen was ich mache.
Aufträge, die ich durch Netzwerken bekommen habe
- Ich habe eine nette Kollegin, mit der ich viele Jahre ehrenamtlich zusammengearbeitet habe. Sie schreibt für eine Agentur Texte. Irgendwann brauchte diese Agentur jemanden, der für einen Industriekunden Texte schreiben kann. Die Kollegin wusste, dass ich Technikjournalismus studiert habe und gab meinen Namen an die Agentur. Heute zählt diese Agentur zu meinen wichtigsten Kunden.
- Einen weiteren netten Kollegen habe ich vor ein paar Jahren auf einer Branchenveranstaltung kennengelernt (ich weiß gar nicht mehr auf welcher). Über ein paar Jahre haben wir uns regelmäßig in Köln auf einen Kaffee getroffen und uns über die Arbeit ausgetauscht. Vor kurzem wechselte er als Redakteur zu einem großen Verlag und musste ein Thema vergeben, das exakt zu meinem journalistischen Profil passte. Er rief mich und gab mir den Auftrag.
- Meinen ersten Buchvertrag bekam ich zwar nicht unbedingt, weil ich jemanden kannte (siehe den Beitrag zu journalismus.com), aber der Lektor, der dort meine Bewerbung auf den Tisch bekam, war jemand, mit dem ich ein paar Jahre vorher an anderer Stelle schon zu tun hatte. Er antwortete auf meine Bewerbung mit „Die Welt ist klein.“
Die Welt ist klein
Das ist sie in der Tat. Unsere Branche ist überschaubar. Schätzungsweise 100.000 Journalisten gibt es in Deutschland, dazu noch viele Menschen in verwandten Berufsbildern. Wenn man das nun auf die eigenen Themen und Medien runterbricht, gibt es viel weniger potenzielle Netzwerkpartner. Es kommt dabei nicht drauf an, mit möglichst vielen Leuten „vernetzt“ zu sein, sondern mit den richtigen. Ich gehe hier nicht auf die Dos und Don‘ts des Netzwerken ein, das haben andere schon zur Genüge getan. Ich möchte nur betonen, wie vorteilhaft es sein kann, ein Netzwerk zu haben.
Mein Netzwerk bringt mir nicht nur Aufträge ein, sondern lässt sich wunderbar für Recherchen nutzen. Ich kenne genug Nicht-Journalisten und habe Ansprechpartner aus vielen Bereichen, sodass ich für vieles schon in meinem Adressbuch den richtigen Kontakt finde.
Das Netzwerk ist keine Einbahnstraße
In meinem Netzwerk fallen Aufträge an, für die ich nicht der Richtige bin, weil ich von dem Thema keine Ahnung oder gerade keine Zeit habe. Aber ich kenne so viele Kollegen, dass ich jemandem, der mich anfragt, in der Regel weiterhelfen und einen Kollegen empfehlen kann. Das stärkt meine Verbindung in beide Richtungen.
Auch hier ein paar Beispiele:
- Die Studiengangsleiterin einer Journalismusakademie suchte jemanden, der ein spezielles Fach unterrichten kann. Ich wusste jemanden und konnte die Person empfehlen, die sich anschließend mit einem sehr guten Abendessen bedankt hat.
- Ein Verlag, für den ich arbeite, war mit seinem Grafiker sehr unzufrieden. Aus meinem ersten Job nach dem Studium kannte ich ein paar freie Grafiker, mit denen ich immer sehr gut zusammengearbeitet habe. Es war eine Sache von drei Minuten, dem Verlag eine neue Grafikerin zu empfehlen, die tolle Arbeit leistet.
- Eine Studentin von mir wollte gerne ein Praktikum in einer bestimmten Redaktion machen. Ich kannte da jemanden und konnte ihr einen Ansprechpartner vermitteln. Sie hat das Praktikum nicht wegen meines Kontakts bekommen, sondern weil sie schon thematisch Passendes veröffentlicht hatte, aber durch mich ist ihre Bewerbung gleich beim richtigen Redakteur gelandet.
Worauf es beim Netzwerken ankommt
Doch ein bisschen Do und Don’t: Nicht anbiedern, andere nicht ständig nerven. Dafür sorgen, dass das eigene Profil klar ist und es entsprechend kommunizieren, offline und online. Zu guter Letzt: Spaß haben. Wer kein Spaß am Umgang mit anderen Menschen hat, der sollte sich nicht dazu gezwungen fühlen.
Ende
Diesen Teil der Serie habe ich mir bis zum Schluss aufgehoben. Weil ich Serienjunkie bin, ist das quasi das Staffelfinale. Damit ist dann die erste Staffel beendet. Vielleicht gibt es irgendwann eine Fortsetzung.
Hier noch eine Übersicht aller Beiträge zur Serie „Wie ich als freier Journalist an Aufträge komme“
Dem stimme ich zu! Wichtig ist für mich das absichtslose Geben: Wenn ich einem Kollegen aus meinem Netzwerk einen Tipp gebe oder einen Auftrag vermittle, dann erwarte ich keine konkrete Gegenleistung von ihm. Ich habe gerne geholfen, denn es hinterlässt ja auch ein gutes Gefühl. Oft tut jemand anderes aus dem Netzwerk das Gleiche für mich und so gleicht sich am Ende alles aus.
Was ich allerdings sofort aussortiere, sind „fanatische“ Netzwerkler: Ich merke schnell, dass sie gar kein persönliches Interesse, sondern nur den eigenen Vorteil im Sinne haben.
Auch ich finde persönliche Treffen wichtig. Auf Xing nehme ich Kontaktanfragen in der Regel nur an, wenn ich sie als sinnvoll erachte oder die Person bereits kenne. Bei fremden Kontaktanfragen schicke ich eine freundliche Mail, dass ich mich über die Anfrage freue und frage nach dem Grund, warum man mich gerne als Kontakt begrüßen möchte. Bislang habe ich noch nie eine Antwort erhalten. Anscheinend geht bei manch einem die Quantität vor Qualität…
Übrigens kommt man über ein gutes Netzwerk auch an interessante Themen!