Facebook erhitzt die Gemüter: Die einen meiden es, weil sie Angst um ihre Daten haben. Die anderen wollen nicht mehr darauf verzichten. Denn Facebook kann im besten Fall deutlich mehr als nur eine Sammlung von Kontakten und ein Nachrichtenstrom von Belanglosem sein.
Wer Ende des letzten Jahrhunderts schon journalistisch gearbeitet hat, kann sich wahrscheinlich noch gut erinnern. Damals diskutierten Medienhäuser und Journalisten, ob man einen Auftritt im Internet brauche und ob E-Mail-Adressen in Redaktionen sinnvoll seien. Heute ist es unvorstellbar, dass ein Verlag, ein Hörfunk- oder Fernsehsender nicht im Netz ist. E-Mail-Adressen dagegen werden, so hört man es zumindest immer wieder aus den USA, langsam aber sicher überflüssig. Denn junge Leute kommunizieren angeblich mehr via Direktnachrichten (DM für direct message) oder kurzen Chatmeldungen in sozialen Netzwerken und Apps als über elektronische Post. Auch darüber ist Facebook mehr als nur ein Netzwerk: Es ist eine Kommunikationsplattform.
Trotzdem bleiben die Befürchtungen vieler zum Thema Datenschutz, und das sicherlich zu Recht. Denn Facebook sammelt, genauso wie beispielsweise Google, Apple oder Amazon Daten der Nutzer. Ohne diese Daten wären beispielsweise individualisierte Produktvorschläge – oder: Werbung – nicht möglich. Aber: Wenn ich Facebook keine Daten gebe, kann das Netzwerk von mir auch nur schwer welche sammeln. Niemand ist gezwungen, die vielen Fragen zu beantworten, die Facebook stellt.
Vorsicht vor der Datenfalle
- Wer sich bei Facebook registriert, muss der Plattform nicht erlauben, dass das persönliche Adressbuch durchsucht wird, um möglichst viele Kontakte zu finden. Tipp: Die Kontakte ergeben sich von selbst. Wer sein Adressbuch durchsuchen lässt, sorgt dafür, dass Facebook Mailadressen von Freunden, Bekannten oder Geschäftspartnern bekommt, die noch nicht Mitglied sind.
- Niemand wird gezwungen, bei Facebook anzugeben, welche Bücher, welche Musik oder welche Filme er mag. Auch zur Religion oder zu politischen Ansichten muss man keine Angaben machen.
- Die Privatsphäreeinstellungen scheinen nur zu Beginn ein Buch mit sieben Siegeln zu sein. Es lässt sich ziemlich genau einstellen, wer was sehen darf – sogar für jede einzelne Nachricht die man postet – also an seiner persönlichen Pinnwand veröffentlicht. Wer Fragen zum Thema hat: klicksafe.de hilft weiter: Themen > Kommunizieren > Soziale Netzwerke (Leitfaden zum Schutz der Privatsphäre in Sozialen Netzwerken – Facebook).
- So lustig manche Anwendungen sein mögen – beispielsweise das berühmt gewordene Spiel Farmville von Zynga, einem Unternehmen das sogenannte social games entwickelt. Das sind Spiele, die Teilnehmer in Netzwerken mit- und gegeneinander online spielen können. Wer die Angebote dieser Unternehmen nutzt, erlaubt ihnen den Blick in die eigenen Daten und die seiner Kontakte. Darum sollte man sich, bevor man einer Anwendung den Zugriff erlaubt, sehr genau überlegen, ob man das möchte. Alle Anwendungen zu verteufeln ginge sicher zu weit. Auch die Messe Photokina oder die Deutsche Knochenmarkspenderdatei bieten Facebook-Anwendungen. Die Frage ist, was der jeweilige Anbieter mit den gesammelten Daten macht.
Doch würde es zum Thema Facebook nur Horrormeldungen geben, wäre die Plattform wirklich sinnlos. Gerade Journalisten können Facebook jedoch hervorragend für ihre Zwecke einsetzen:
Facebook fürs Marketing
Immer mehr Unternehmen nutzen Facebook, um dort als Pendant zur Homepage ihr Unternehmen auf einer Business Page darzustellen. Das können auch freie Journalisten machen. Einfach bei der Registrierung ganz unten auf „Erstelle eine …“ klicken. Der Vorteil zur privaten Seite: Es gibt eine Nutzerstatistik, und es darf geworben werden. Außerdem erreicht man so Leute, die man sonst nicht erreichen würde, denn „Fan“ der Business Seite darf jeder werden, der das möchte. Timo Stoppacher und Bettina Blaß haben Business Pages bei Facebook.
Wer keine Business Seite anlegen möchte, kann natürlich auch das private Profil gezielt auf Marketing ausrichten: indem man nur die Daten angibt, die für Geschäftsbeziehungen wichtig sind beispielsweise. Gefunden werden die Profile übrigens auch über Google – wenn man das will.
Facebook als Blogergänzung
Wer sich für die Business-Seite entscheidet, sollte dort auch von Zeit zu Zeit etwas mitteilen. Das kann in Form kurzer Meldungen geschehen, so dass die Facebook-Seite zum Blog wird. Aber Achtung: Man tritt sein Recht an Text und Bild damit an Facebook ab. Reportagen, die arbeitsaufwändig waren, sind hier also nicht am richtigen Platz. Ebenso wenig die Top-Fotos in bester Auflösung. Beispielsweise lässt sich aber das eigene Blog mit Facebook verbinden. Dann werden die Texte dort angezeigt, sind aber nicht dort eingestellt. Facebook ist dann ein Distributionskanal.
Facebook als individualisierter Nachrichtenstrom
Wer ein Profil, also keine Business Seite, angelegt hat, kann auch diese beruflich nutzen. Natürlich vernetzt man sich darüber mit Bekannten, Kollegen, Kunden oder Geschäftspartnern. Aber das eigentlich Interessante ist, dass man sich den Nachrichtenstrom ganz persönlich auf seine Interessen zuschneiden kann. Schließlich veröffentlicht der Deutsche Journalistenverband Nordrhein-Westfalen dort genauso Meldungen wie das Handelsblatt – oder wie die Bundeszentrale für politische Bildung, Kress, FAZ.net, ZDF heute, Mediencluster.NRW, der journalist, Arte oder der Tatort. Natürlich könnte man deren Newsletter auch einzeln abonnieren, die Homepages ständig ansteuern oder sie via RSS-Reader beziehen. Über Facebook ist es aber einfacher, weil man ständig alles auf einen Blick hat.
Zu Fit für Journalismus bei Facebook
„Journalisten, lernt Facebook!“, meint auch Timo Stoppacher in seinem Blogbeitrag auf Meistensdigital
Hallo,
ich denke, dieser Beitrag verdient noch eine Ergänzung um die Möglichkeiten, die die Facebook-Suche bietet, sobald der Nutzer die Sprache auf „English (US)“ umgestellt hat:
Dann versteht die Suche klarsprachliche Suchanfragen wie etwa
‚People who work at Süddeutsche Zeitung and live in Munich‘
und liefert prompt eine Liste von Facebook-Mitgliedern, auf die das zutrifft. Damit lassen sich z. B. sehr gut potentielle Gesprächspartner finden, die einer Gruppe angehören, die gerade Gegenstand der Berichterstattung ist.
Viele Grüße,
Dirk Bongardt