Ob Volontariat oder Studium: Nicht immer ist am Ende der Ausbildung ein Festanstellungsplatz in einer Redaktion frei. Das muss kein Nachteil sein, denn es gibt sehr gute Gründe dafür, als Journalist freiberuflich zu arbeiten, wie unsere Blogparade #darumfrei gezeigt hat. Allerdings ist der Anfang der Selbstständigkeit nicht so einfach, wie viele denken. Wir haben uns mit Aimée Bastian darüber unterhalten. Sie ist Journalistin und Coach – und gibt Seminare zum Thema Existenzgründung im Journalismus.
Existenzgründung klingt bürokratisch. Dabei brauche ich als Freier doch nur Visitenkarten, ich kaufe ein Laptop – und schon bin ich Journalist. Oder?
Wenn Sie sowieso schon einige Redaktionen als Kunden haben, die Sie und Ihre Arbeit kennen, dann kann das so ganz prima funktionieren.
Wenn Sie Ihre journalisitischen Dienstleistungen aber noch unbekannten Redaktionen und vor allem Unternehmen anbieten möchten, brauchen Sie meist doch ein bisschen mehr: zum Beispiel eine Website, auf der sich die künftigen Kunden ein Bild von Ihnen machen können. Und dann wird es meist schon etwas kniffliger: Wie genau wollen Sie sich denn da vorstellen – und von der Konkurrenz abheben? Wie bringen Sie sich und Ihre Leistungen optisch und inhaltlich überzeugend auf den Punkt? Sind Ihnen Ihre Ziele und der Mehrwert, den Sie Ihren Kunden bringen, wirklich glasklar? Wissen Sie, wie Ihre Klientel so tickt? Oder ist das alles noch ein bisschen schwammig? Falls ja, dann lohnt es sich, nochmals mit sich ein paar Stunden in Klausur zu gehen und sich zu fokussieren.
Was ist der größte Fehler, den man als Einsteiger in die Freiberuflichkeit machen kann?
Das kann ich so pauschal schlecht sagen. Ich finde es auf alle Fälle gefährlich, nur auf einen großen Kunden zu setzen: Besser mehrere Kunden mit kleineren Budgets, als einer mit einem großen. Denn wenn in Unternehmen oder Redaktionen gekürzt wird, trifft es oft auch erst einmal die Freien. Ich kenne Freie, die da ein bitteres Erwachen erleben mussten. Daher habe ich persönlich immer darauf geachtet, dass wir mehrere Kunden, auch aus unterschiedlichen Branchen haben – dann ist das Risiko schön verteilt.
Was sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten Punkte im Existenzgründungsprozess für eine erfolgreiche Selbstständigkeit?
Sich erstens selbst klar darüber werden, ob und wie die Selbstständigkeit in den eigenen Lebensplan passt. Zweitens: herausarbeiten, was genau die eigene Zielgruppe ist, wie sie funktioniert und was man ihr mit welchem Mehrwert anbieten kann. Und drittens durchstarten, ohne sich von außen allzu sehr verrückt machen zu lassen.
Aimée Bastian ist Inhaberin einer Agentur für Unternehmenskommunikation und seit vielen Jahren als Seminarleiterin, Medientrainerin und systemischer Coach tätig. Während ihres Studiums der Informationswissenschaft und der Organisationspsychologie arbeitete sie bereits als freie Redakteurin für Funk und Fernsehen im Saarland, bevor sie sich 2001 mit ihrer Agentur in Düsseldorf selbstständig machte. Dort betreut sie verschiedene Kunden. Als Trainerin und Coach arbeitet sie mit Führungskräften aus Wirtschaft und Politik.