Aufruf zur Blogparade: Warum ich gerne freier Journalist bin #darumfrei

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Freier Journalist mit Schwerpunkt Technik, Sachbuchautor und Dozent. Nerd, Geek und vieles mehr. Homepage: www.timo-stoppacher.de Weitere Profile von mir: @CGNTimo, Facebook und Instagram. E-Mail timo@stoppacher.de

Ein großer Teil der Journalisten arbeitet selbstständig. Das hat viele Vorteile und ein paar Nachteile. Freiberufler zu sein bedeutet in mancher Hinsicht viel Freiheit, aber nicht unbedingt frei zu haben. Doch nur wenige können sich das für sich selbst vorstellen. Um das zu ändern, starten wir eine neue Blogparade.

Neulich war ich wieder mal im Gespräch mit einer Studentengruppe. Es ging um die Vor- und Nachteile des Daseins als freier Journalist. Keiner von etwa 15 Studierenden konnte sich vorstellen, später selbstständig zu sein. Auch Bettina hat am gleichen Tag etwas ähnliches erlebt.

Acht Journalismus-Studenten in einem Raum. Ich frage, wer von ihnen nach dem Abschluss in einem Jahr als Freiberufler arbeiten möchte. Keiner meldet sich. Was würdet Ihr in einer solchen Situation sagen?

Posted by Wirtschaft verstehen! on Donnerstag, 28. Mai 2015

Warum will keiner selbstständig sein?

Ich vermute dahinter ein kulturelles Problem: In Deutschland hat es derjenige „geschafft“, der eine Festanstellung hat und da bis zur Rente fleißig ist. Nur dumm, dass es gerade in der Medienbranche kaum Festanstellungen gibt, die bis zur Rente Sicherheit garantieren. Und ganz ehrlich: Wer nach 30 Jahren seinen Job als Redakteur aufgrund irgendeiner Umstrukturierung verliert, hat auf dem Arbeitsmarkt in den seltensten Fällen noch eine Chance, so schade das ist. Oft bleibt dann nur noch die Selbstständigkeit aus der Not heraus. Schließlich muss bis zur Rente noch Geld verdient werden.

Oft gelten Selbstständige und Freiberufler als diejenigen, die halt nicht gut genug für eine Festanstellung sind – zu Unrecht. Ich habe mich bewusst für die Freiberuflichkeit entschieden und gekündigt, um selbstständig zu sein. Und von vielen Kolleginnen und Kollegen weiß ich, dass sie sich genauso bewusst dafür entschieden haben. Bereut habe ich das bis heute nicht. Ich genieße die vielen Vorteile:

  • Ich bestimme, wann ich arbeite. In meiner ersten Stelle nach dem Studium mussten wir alle um 8 Uhr morgens anfangen. Aus Prinzip, nicht weil es wegen der Abläufe nötig gewesen wäre. Mal eine Stunde früher gehen, weil man für den Tag einfach alles erledigt hatte, war undenkbar. Es zählte Präsenz mehr als Leistung, was ich vollkommen gaga fand. Paradoxerweise fange ich auch heute meistens um 8 Uhr morgens an – weil ich es will und weil es jetzt meinem Rhythmus entspricht.
  • Ich bestimme, wo ich arbeite. Im Sommer schreibe ich gerne auf dem Balkon. Rechercheunterlagen lese ich oft auf der Couch oder im Zug. Und mein persönliches Highlight waren die zwei Wochen, in denen ich letztes Jahr auf Gran Canaria gearbeitet habe.
  • Ich bestimme, wieviel und woran ich arbeite. Für mich ist das der wichtigste Punkt an der ganzen Sache. Ich suche mir meine Themen und kann Sachen ablehnen, auf die ich keine Lust habe oder für die ich mich ungeeignet fühle. Ich weiß auch, dass ich damit wahrscheinlich nicht zur Mehrheit der freien Journalisten im Land gehöre, die über jeden einzelnen Auftrag froh sind. Ich sehe das so: Wenn ich zu 100 Prozent hinter etwas stehe, erfülle ich meinen Auftrag gut und liefere Qualität, die ich mir entsprechend honorieren lasse.

Die Nachteile

Man darf nicht verschweigen, dass eine Selbstständigkeit eine Herausforderung ist: Akquise, Marketing, Büroorganisation, Buchhaltung und vieles mehr bleibt alles an mir hängen. Dazu die Unsicherheit, ob das mit den Aufträgen immer so weiter geht. Das ist in der Tat nicht etwas für jeden, aber für mich schon. Und die Festanstellungen die mir in den letzten Jahren angeboten wurden, habe ich dankend abgelehnt.

Aufruf zur Blogparade

Freier Journalist oder freie Journalistin zu sein – davon sind wir überzeugt. Und deshalb wollen wir Eure Meinungen dazu sammeln und rufen zu einer Blogparade auf: #darumfrei

Egal ob Blogbeiträge, Tweets, Podcasts oder Videos – was denkt Ihr über das Freien-Dasein. Warum seid Ihr gerne selbstständig? Was findet Ihr toll und was kotzt Euch an?

Kein eigenes Blog – kein Problem

Gerne veröffentlichen wir Eure Beiträge zu unserer Blogparade hier. Einfach an kontakt@fitfuerjournalismus.de mailen. Bitte schickt uns dann noch eine Kurzvita und ein Foto für die Autoreninfo.

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13 Kommentare zu “Aufruf zur Blogparade: Warum ich gerne freier Journalist bin #darumfrei

  1. Was ich mich IMMER frage bei all diesen Diskussionen – frei sein oder nicht –
    gibt es eigentlich auch Leute, die direkt nach dem Studium oder der Ausbildung entscheiden frei zu sein und in die Selbstständigkeit starten? Ich lese immer nur von denen, die entweder gekündigt wurden oder selber gekündigt haben, und sich deshalb selbstständig gemacht haben. Das stell ich mir dann doch um einiges leichter vor als direkt zu starten – alleine schon, wegen all den Kontakten, die man hat. Was ist denn, wenn ich einfach Lust auf freien Journalismus habe, von Anfang an? Ist das total bekloppt?
    … eine tolle Blogparade übrigens!

    1. Für mich lautet die Frage umgekehrt: Möchte ich als Angestellter arbeiten? Bislang habe ich das immer verneint. Welcher Weg steiniger ist, kann ich nicht beurteilen (ich kenne ja nur meinen), aber an gute Kontakte kommt der, der auch kontaktfreudig ist und aktiv auf Menschen zugeht. Immer wieder erlebe ich es, wie schnell ein Kontaktnetzwerk entsteht, wenn ich mich einem bestimmten Thema widme.

      Ich finde es nicht bekloppt, von Anfang an Lust zu haben frei zu arbeiten. Wir sind zum Glück ja alle unterschiedlich und haben daher auch unterschiedliche Talente. Gerade die Vielfalt bereicht die Medienlandschaft. Egal wie man sich entscheidet, es bieten sich einem überall Möglichkeiten zu lernen und Erfahrungen zu sammeln.

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