Welcher Telefondienstanbieter ist wann der günstigste? Worauf muss man achten, bevor man eine Lebensversicherung abschließt? Welche Digital-Kamera eignet sich für wen? Diese Fragen und noch viele mehr beantworten Verbraucherjournalisten – in Tages- und Wochenzeitungen, in Magazinen, Radio- und Fernsehbeiträgen und natürlich auch im Internet. Dabei werden sie häufig von ihren Kollegen aus anderen Ressorts belächelt: Ratgebertante, Tabellenhengst oder Erbsenzähler sind gerne benutzte Begriffe für Verbraucherjournalisten. Vielleicht nicht zu unrecht. Aber: Texte mit Nutzwert werden weit häufiger gelesen als viele andere. Und als freier Journalist kann man sogar gut davon leben.
Dieser Trend könnte sich in Zukunft noch verstärken, denn Verbraucherjournalisten bieten Hilfe und zeigen Wege auf im Informationsüberangebot der heutigen Zeit. Dabei ist Verbraucherjournalismus kein Kind der Neuzeit. Ganz im Gegenteil: Plusminus (ARD) gibt es seit Jahrzehnten, WISO (ZDF) ebenso. Die Zeitschrift Capital feierte schon im Jahr 2012 ihren 50. Geburtstag, die Stiftung Warentest wurde 2005 40.
Verbraucherjournalismus und die EU
In den vergangenen Jahren reichte es häufig, den Blick innerhalb der deutschen Grenzen schweifen zu lassen, um Themen zu finden. Heute jedoch muss der Verbraucherjournalist zunehmend gen Brüssel schauen, denn dort wird für Verbraucherjournalisten die Politik gemacht. Allerdings haben viele Verbraucherjournalisten erhebliche Defizite, wenn es um die EU-Politik geht. Dabei kommen die Vorgaben aus der EU – egal, ob es um Energiemärkte geht oder um das Mess- und Eichwesen
Kriterien des Verbraucherjournalismus
Verbraucherjournalismus zeichnet sich durch einen hohen Nutzwert oder Servicecharakter aus. Dazu gehören Beispielsrechnungen genau so wie Checklisten, Musterformulare, Urteile und Aktenzeichen oder konkrete Tipps und Ratschläge. Dabei ist ein Medium allen anderen weit überlegen – allerdings haben das noch immer nicht alle Redaktionen erkannt: Das Internet ist sehr wichtig für den Verbraucherjournalismus. Klar: Im Hörfunk ist ein Satz in wenigen Sekunden versendet. Gleiches gilt fürs Fernsehen. Und in Zeitung und Zeitschrift ist der Platz meistens begrenzt. Da hilft der Verweis aufs Internet. Dort kann der Rezipient nicht nur nachlesen, was er eben gehört oder gesehen hat, und das so oft, wie er will, er kann auch einen Mehrwert finden. Zumindest wenn der Sinn des Wortes Crossmedia in der betreffenden Redaktion verstanden wird: Es geht nicht darum, das Hauptmedium dadurch zu kannibalisieren, dass man im Netz alle Informationen kostenlos anbietet, sondern es geht darum, dort ein „Mehr“ einzustellen, das in 3:20 Minuten oder 120 Zeilen keinen Platz hat. Das muss nicht immer kostenlos sein.
Vorsicht, PR!
Doch wer Paid Content anbietet, also Inhalte, für die der Netz-Besucher zahlen soll, muss fehlerfreie Texte, Rechner, Übersichten oder Formulare liefern, die dem Nutzer einen deutlichen Mehrwert bieten. Das jedoch ist schwierig, denn nach dem großen Boom in den 90er Jahren und dem darauf folgenden heftigen Absturz sind viele Online-Redaktionen unterbesetzt. Verbraucherjournalismus ist jedoch teuer und zeitintensiv: Die chemische Untersuchung von Lebensmitteln beispielsweise kostet Geld, genau so wie Gutachten, die erstellt werden müssen oder aufwändige Beispielsrechnungen. Dazu benötigt der Journalist einen Experten an seiner Seite, und der muss in der Regel bezahlt werden. Das ist genau der Zeitpunkt, an dem der größte Feind des Verbraucherjournalismus angreift: PR. Banken beispielsweise rechnen gerne für Journalisten. Aber ist das Ergebnis dann auch tatsächlich unabhängig?
In erster Linie muss ein guter Verbraucherjournalist also resistent gegen die Verlockungen der Gegenseite sein. PR-Agenturen loben Produkte, Verbraucherjournalisten hinterfragen sie. Der Verbraucherjournalist muss sich dieser Verantwortung bewusst sein. Denn er greift mit seinem Werk ins Leben des Rezipienten ein. Was er schreibt, wird nachgemacht. Und das wiederum hat zur Folge, dass sich der Verbraucherjournalist keinen Fehler leisten darf. Denn die Konsequenzen für den Rezipienten können sehr teuer werden.