Viele freie Journalisten träumen davon, eine Marke im Internet zu werden. Und einige haben das auch bereits geschafft mit Twitter-Accounts, Blogs, YouTube-Kanälen oder der richtigen Mischung aus allem. Die Kollegen, die eine so genannte Personality Brand geworden sind, wie es die Werber nennen, werden auch als Influencer bezeichnet, also als jemand, der andere beeinflusst. So bekannt zu sein, hat drei wesentliche Vorteile: Erstens muss man sich um Akquise nicht mehr so viele Gedanken machen, denn die Kunden kommen oft von alleine. Zweitens kann, wer als Experte in seinem Gebiet gilt, höhere Honorare fordern als andere. Und drittens wird man im besten Fall unabhängig von großen Medienhäusern und vermarktet seine Inhalte selbst. Allerdings ist es bis dahin ein langer Weg. Und auch wenn das Internet einem dafür viele Instrumente bereitstellt, so muss der Journalist sie doch nutzen.
Die Pflichtwerkzeuge für den Markenaufbau online
Twitter und Facebook sind Pflicht, um die Marke ICH online aufzubauen. Wer dort nicht nur Meldungen von anderen empfängt, sondern selbst etwas zu sagen hat, schärft sein Profil im Netz. Noch besser funktioniert das in der Verbindung mit einem Blog. Beispiel: Ein Journalist interessiert sich für Handys. Er startet ein Blog rund um das Thema, schreibt dort nutzwertige Artikel über Tarife und Modelle, macht vielleicht eigene Tests, und weist ganz im Sinne von Web 2.0 von seinen anderen Profilen aus darauf hin. Gleichzeitig beteiligt er sich in Gruppen und Communities, beispielsweise bei Xing an Diskussionen rund ums Thema, und twittert neben eigenen Gedanken Links zu passenden Artikeln von anderen. Dann wird er je nach Publikationsintensität bald einen Namen als Handy-Experte haben.
Das Kür: eBooks, Präsentationen und Videos
Je bekannter unser Handy-Fachmann wird, desto mehr hat er möglicherweise selbst zu sagen. Denn um regelmäßig Artikel zu schreiben und für Vorträge, Diskussionen oder Workshops eingeladen zu werden, muss er am Thema bleiben. Doch je mehr er zum Thema zu sagen hat, desto mehr kann er auch im Internet veröffentlichen, um seine Marke zu schärfen. Dann stellt er beispielsweise seine Folien aus Vorträgen und Workshops bei Slideshare ein, und fasst seine Artikel zu eBooks zusammen, die er zum Beispiel bei Amazon für den Kindle verkauft. Vielleicht gelingt ihm sogar ein Medienwechsel, und künftig bietet er einen wöchentlichen Vodcast zu neuen Handy-Themen über YouTube an. Folge: Er erreicht noch mehr Menschen, wird noch bekannter als Handy-Experte und bekommt in der besten aller Welten noch mehr Aufträge. Zusätzlich vermarktet er sich selbst über Werbeanzeigen in seinem Blog und in seinem YouTube-Kanal und verdient Geld mit seinen eBooks.
Die Do’s und Don’ts beim Markenaufbau
Zugegeben: Das klingt leichter als es ist. Wer seine Marke im Netz aufbauen will, braucht Zeit und Geduld, und muss hart dafür arbeiten. Ein Blog, ein Twitter- oder Facebookkonto, in dem nur alle 14 Tage ein Beitrag erscheint, wird vermutlich nicht wahrgenommen. Veröffentlicht der Autor jedoch mehrmals die Woche einen Text mit Substanz, wird er schnell Anhänger finden. Bleibt die Frage: Worüber soll ich schreiben? Weil man seine Kernkompetenz in den Fokus stellen will, ist es sinnvoll, darüber zu schreiben. Also: Ein Wirtschaftsjournalist schreibt über Wirtschaftsthemen, eine Beauty-Redakteurin über Kosmetik. Unterschied zwischen beiden: Von einer Beauty-Redakteurin erwartet man persönliche Informationen – beispielsweise dazu, was in ihrem Kosmetiktäschchen ist. Bei einem Wirtschaftsjournalisten nicht zwingend. Trotzdem muss auch der Wirtschaftsjournalist Farbe bekennen: Meinung und Stellungnahmen sind gefragt. Schließlich will niemand Geschäfte mit einer seelenlosen, austauschbaren Nummer machen. Wo dabei die persönliche Hemmschwelle liegt, muss jeder selbst wissen.
Vorsicht mit Kritik
Manchmal hilft auch die Umwelt nach: Ein Kollege bloggte kritisch über seine Erlebnisse als Elternzeitvertretung in der Kommunikationsabteilung eines großen Unternehmens. Eines Tages bekam er eine Mail einer Kollegin, die meinte, sie hätte nicht den Mut, so offen an ihrem Arbeitgeber oder Kunden Kritik zu äußern. Da die Vertretungszeit des Bloggers fast zu Ende war, und er das Blog kurz danach einstellte, dachte er nicht weiter darüber nach. Dann kam Facebook. Dort machte er im Prinzip da weiter, wo er mit dem Blog aufgehört hatte. Bis eines Tages sein wichtigster Kunde anrief: Er wisse wohl nicht, wo er sein Geld verdiene, es sei eine Frechheit, was er über ihn ständig bei Facebook schriebe. Er hatte tatsächlich nie etwas über ihn geschrieben, sondern über einen anderen Kunden, den er nicht namentlich nannte, und mit dem es nicht lief. Trotzdem war ihm dies eine Lehre. Mut ist gut und wichtig. Aber essen kann man ihn nicht. Darum überlegt er jetzt bei jedem Post über Kunden zweimal, ob er ihn veröffentlichen kann. Und manchmal entscheidet er sich auch dagegen.
Dieser Artikel wurde im DJV NRW Journal 04/2013 erstmals und in deutlich längerer Form veröffentlicht.